Julia Seeliger
  • Nach dem Parteirat

    50
    17. September 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Der erste Parteirat nach der Sonder-BDK ist jetzt vorbei. Aus meiner Sicht ist der Ball jetzt bei der Bundestagsfraktion: Dort muss diskutiert werden, wie man nun mit dem Parteitagsbeschluss umgeht. Ich bin der Überzeugung, dass die Fraktionsspitze aufgefordert ist, nun auch für den Beschluss zu werben. Was ich bisher dazu in der Presse gelesen habe, sieht nicht so aus – so vergleicht Undine Kurth aus dem Fraktionsvorstand im Gespäch mit der “Leipziger Volkszeitung” die Bundesdelegiertenkonferenz mit dem SED-Politbüro.

    “Ich habe nicht die DDR hinter mich gebracht, wo mir eine zentrale Parteileitung vorgeschrieben hat, wie ich zu denken und zu stimmen habe, um jetzt mein Abstimmungsverhalten von der Weisheit der Entscheidung eines Parteitages abhängig zu machen”

    Natürlich wird es Abgeordnete geben, die sich (mit Recht) auf ihr Gewissen berufen – das akzeptiere ich. Eine solche Entscheidung, das hat Reinhard Bütikofer heute morgen auch noch mal in der Pressekonferenz betont, muss aber mit großer Ernsthaftigkeit getroffen werden. Wer diese Ernsthaftigkeit vermissen lässt, muss sich fragen lassen, ob für ihn oder sie ein Mandat im Deutschen Bundestag die richtige Berufung ist.

    Der Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz wurde im Parteirat unterschiedlich interpretiert. Die einen unterstrichen die doch sehr große Ähnlichkeit zum “BuVo-Antrag” (Primat des zivilen Aufbaus – und vor allem die militärische Absicherung des zivilen Aufbaus) und machten deutlich, dass sehr wahrscheinlich die Ablehnung des Tornado-Mandats in den BuVo-Antrag hineingestimmt worden wäre und dass der von mir kritisierte “Formelkompromiss” wohl keine Chance gehabt hätte.

    Auf der anderen Seite gab es aber auch – in meinen Augen “Unverbesserliche” – Stimmen, die die Ernsthaftigkeit des Beschlusses anzweifelten, ja sogar die Legitimität des Parteitags an sich anzweifelten. Inhaltlich das wichtigste Stichwort sind hier die “Bündnisverpflichtungen”. Das Ganze gewürzt mit der inzwischen wohlbekannten Polemik, auf die ich weiter unten noch näher eingehen werde. Kritisiert von dieser Seite wurde auch die angeblich so aufgeheizte Stimmung, beispielsweise bei der Rede von Dany Cohn-Bendit, der sich Buh-Rufe anhören musste. Dazu nur meine Meinung: Erstens war der Parteitag für einen friedenspolitischen Grünen-Parteitag sehr harmonisch, zweitens waren die Buh-Rufe berechtigt (Dany hatte in seiner Rede die These aufgestellt, dass diejenigen, die nicht seinem Antrag folgen wollten, “verantwortungslos” wären) und drittens sind für mich persönlich Zwischenrufe Element politischer Kultur, so dass man an dieser Stelle mal nicht so rumjammern sollte.

    Noch ist alles unklar, wie es jetzt weitergeht. Ich erhoffe mir, dass die Bundestagsfraktion in ihrer Weisheit den Robert-Zion-Antrag beraten wird, und zwar in einer ernsthaften Art und Weise und nicht so, wie es bisher geschah. Polemik und Gerede wie “Nun haben sich die Grünen von ihrer außenpolitischen Linie verabschiedet” oder die “Kindergarten”-Diffamierungen Cohn-Bendits sind völlig fehl am Platze. Durch derartige Interviews erhält die Presse einen falschen Eindruck vom Ausgang der BDK, die falsche Interpretation des Zion-Antrags wird dadurch nur verstärkt und sorgt für zusätzliches Zündfeuer. Mitnichten haben die Grünen einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert, wie es jetzt in manchen Medien kolportiert wird.

    Auch finde ich es völlig korrekt, einer Vorlage der Bundesregierung, wenn sie einem nicht gefällt, nicht zuzustimmen. Reinhard Bütikofer wurde in der heutigen Pressekonferenz auch gefragt, was denn wäre, wenn alle Parteien im Deutschen Bundestag den Zion-Antrag beschlossen hätten. Ob man sich nicht mit einer Nichtzustimmung aus der Verantwortung ziehe. Ich hätte auf diese Frage geantwortet, dass ja in einem solchen Fall die Forderungen an die Bundesregierung, die in dem Zion-Antrag formuliert sind, erfüllt würden. Die Partei hat sich ja genau deswegen für eine Nichtzustimmung entschieden, weil ihr einfach nicht in den Kopf geht, wieso man einer Sache zustimmen muss, mit der man nicht einverstanden ist.

    Das sollten diejenigen, die jetzt über den Zion-Antrag lamentieren, mal zur Kenntnis nehmen!


    Einsortiert: flügel, krieg, parteitag
    Verschlagwortet: , ,

  • auch noch zum Thema




50 Responses to “Nach dem Parteirat”

  1. schöner beitrag julia. danke auch dir für dein engagement auf dem parteitag. beste grüße, der ario

  2. Da schließe ich mich an – recht hast Du!

  3. Ich habe entgegen meiner Natur nix hinzu zu fügen oder zu meckern. Super Beitrag Julia, Dankeschön!

  4. Liebe Julia,

    ein ganz hervorragender Artikel, den du da verfasst hast! Volle Zustimmung! Ich finde es auch wichtig, dass du den Mut hast, Undine hier ganz sachlich zu kritisieren. Das geht nun wirklich zu weit, die Basis der grünen Partei mit der ehemaligen SED-Führung zu vergleichen! Da ist eine unterträglich Verdrehung der Realität und von einer politischen Funktionärin in so hohen Ämtern kann man weiss Gott etwas mehr erwarten als Polemik billigster Sorte. Auch dein glasklares Statement der Presse gegenüber:’Wer die Beschlüsse des Parteitages in Göttingen nicht ernst nimmt, wird zur Listenwahl im BuWa nicht wieder aufgestellt fand ich sehr, sehr mutig! Weiter so!

    Viele Grüsse von Bärbel

  5. Der Artikel von Julia ist richtig. Allerdings möchte ich noch dahingehend ergänzen, dass das Verhalten der Partei- und Fraktionsführung wirklich katastrophal war. Der Zion-Antrag ist entgegen der Darstellungen, die es vorher gab und immer noch gibt, nun wirklich sehr verhalten. Da machen jetzt einige den Weltuntergang raus. Wenn Bütikofer, Kuhn, Künast, Roth etc. nur ein wenig Fingerspitzengefühl hätten, hätten sie den Zion-Antrag rhetorisch etwas entschärft und ihn dann übernomomen. Was ist denn bloß daran, wenn man ISAF deswegen nicht zustimmt, weil man mit der Art und Weise der Wahrnehmung des Mandats unzufrieden ist?! Das negative Presse-Echo verdanken wir größtenteils eben der Partei- und Fraktionsspitze, die den Antrag zu Unrecht vorher so verteufelt hat.

    P.S.: Julia, wann lobst du denn mal den Preis für den größten Schleimer in deinem Blog aus?

  6. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass sich heute ausgerechnet jene auf die Pflicht des Abgeordneten berufen, Entscheidungen im Einklang mit ihrem Gewissen zu fällen, berufen, die eben jene Gewissensfreiheit zu Zeiten der rotgrünen Koalition massiv bekämpft haben. Man erinnere sich an die gekoppelte Afghanistan-Vertrauensfrage-Abstimmung in 2001. Damals wurden jene die sich auf ihr Gewissen berufen wollten und dagegen stimmen wollten massivst unter Druck gesetzt . 4 Abgeordnete “durften” damals ihrem Gewissen folgen und abweichend abstimmen. Vier andere nicht. Gerüchtweise wurde sogar gelost…

    Das fand Undine Kurth damals warscheinlich völlig richtig. Die Tourismuspolitik der grünen Bundestagsfraktion sollte in der nächsten Legislaturperiode wirklich mal von einer profilierteren Persönlichkeit vertreten werden.

  7. “drittens sind für mich persönlich Zwischenrufe Element politischer Kultur, so dass man an dieser Stelle mal nicht so rumjammern sollte.”

    Sehr gut!! Ich hoffe, dass hört die Dame die hinter mir saß und zu mir meinte ich hätte Demokratie nicht verstanden, nur weil ich Cohn-Bendit ausbuhte. Finde solange es kein persönliches ausbuhen ist, sondern sich auf konkrete Ansichten und Formulierungen beziehen, die man einfach so nicht dastehen lassen will, absolut in Ordnung. Man klatscht ja auch, wenn einem was gefällt. Die Dame meinte noch: Sie würden ja bei unseren Leuten auch nicht buhen. Was sind denn unsere Leute? Denkt die Dame so sehr in Flügeln? Oder meinte sie einfach bei jungen Menschen? Wäre ja auch irgendwie Altersfaschiod. Bei Anna L. hab ich auch gebuht. Naja sie ist dann aufgestanden und meinte im gehen noch: “Was für ein Kindergarten”. Aber das meint Cohn-B ja auch. Wie auch immer, gut das die Stimmung nicht nur in Klatschen und Buhen ausgedrückt wurde, sondern sich auch bei der Abstimmung bestätigte. 🙂 PEACE

  8. Neben mir saß eine mitteljunge Dame des KVs Schlagmichtot (vergessen), die mich zu Anna L. noch anmopperte ich möge doch das Buhen unterlassen. Ich erklärte das käme aus dem Bauch und gelobte Besserung.
    Während Daniel Cohn-Bendits Rede stupste sie mich an und meinte: “Jetzt darfst du”

  9. Ich meine, neben Dir hätte der Hochsauerlandkreis gesessen, Dennis. 🙂

  10. Liebe Julia,

    so gefällst du mir richtig gut. Ein toller Bericht.

    Ich hatte zwei MdB`s aus BaWü hinter mir sitzen, denen wohl unsere Mißbilligungsrufe nicht so gefallen haben. Dies hat uns jedoch überhaupt nicht beeindruckt- daß war gelebter Protest.

    Nochmals danke für diesen klaren Artikel.

    Gruß Sonja

  11. […] Abschied aus der Realität, die Grünen entzweit… 17 09 2007 …und was man nicht alles lesen musste nach dem Parteitagsbeschluss zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes. ein etwas anderer Standpunkt dazu aus Innensicht von Julia. […]

  12. Die Aussagen, die das Heute Journal von dir gesendet hat, waren auch sympathisch.
    Reporter: Was ist mit denen, die sich nicht an den Beschluss halten?
    Julia S.: (lacht) Die werden dann nicht mehr aufgestellt.

  13. Also bei Anna L. hab ich zugegebenermaßen nicht gebuht.
    Bei der könnte ich nur heulen.

    Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum wir solche jungen Typen den priviligierten Status eines Abgeortneten verschaffen, wenn die sich da innerhalb kürzester Zeit zu seelen- und ideenlosen Politmaschinen entwickeln.

    Eigentlich erwartet man ja von jüngeren Politikern, daß sie unabhängiger und mutiger sind.
    Stattdessen kommen die als Naivlinge ins Parlament und lernen zuerst einmal, daß die Karriere das wichtigste für sie sein sollte und die von ihrem Verhalten abhängt.
    Ich glaube, daß es da mal an der Zeit für eine Rotation wäre.

  14. Sonder-BDK – So einen GAU (Zitat Spiegel-Online) hat man gerne…

    Es hat geklappt. Erst bin ich auf den Sonderparteitag delegiert wurden und dann wurde auch noch mein favorisierter Antrag erst zum Leitantrag und dann zur neuen Position der Bündnisgrünen erhoben.
    Dieser Antrag steht klar zu der Verantwortung, welc…

  15. Das mit der Rotation haben die Landesverbände (jeweils) selbst abgeschafft. Und nur sie könnten das wieder einführen.

  16. … oder, Maik, es gibt junge Leute wie Ilka Schröder, die ins EP gewählt werden und sich dann ganz schnell völlig lösen und ihre eigene durchgeknallte Nummer fahren.

    Aber es sind nicht alle so, wenn man sich an Christian Simmert erinnert u.a.

    Julia, Dir danke ich für den guten Beitrag!

    Gruß,

    Ralf

  17. ..bemerke, den letzten Absatz nicht zu verstehen, die Frage des anonymen Reporters bezog sich doch offenbar auf die nicht-Zustimmung eines hypothetischen Bundestages zur ISAF-Mission, nicht auf die nicht-Zustimmung der Gruenen zu Vorlagen der Bundesregierung, das ganze scheint mir eine seltsame Schleife zu sein, die hypothetische nicht-Zustimmung des Bundestages wird zum zustimmungsfaehigen Konglomerat, womit sich angebliche Fragen eruebrigten, allein so war die gestellte Frage nicht gemeint, all das ist ueberaus wirr.

  18. Äh, bitte?

    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

    Ich hätte auf diese Frage geantwortet, dass ja in einem solchen Fall die Forderungen an die Bundesregierung, die in dem Zion-Antrag formuliert sind, erfüllt würden. Die Partei hat sich ja genau deswegen für eine Nichtzustimmung entschieden, weil ihr einfach nicht in den Kopf geht, wieso man einer Sache zustimmen muss, mit der man nicht einverstanden ist.

    Wenn wir Grünen die Mehrheit hätten, würden wir auch andere Regierungsvorlagen schreiben.

  19. Hm,

    Julia, wann lobst du denn mal den Preis für den größten Schleimer in deinem Blog aus?

    Keine schlechte Idee, allein: Anhand welcher Kriterien oder mithilfe welcher Jury kann ich ihn oder sie bestimmen?

  20. Ist doch egal: Gewinnen werde eh ich! *rumhüpf*

  21. ..Julia, jedem ist klar, dass die Gruenen einer Vorlage, die eine Nicht-Zustimmung zum ISAF/Tornado-Einsatz zum Inhalt gehabt haette, zugestimmt haette, das ist aber nicht der Level von Zustimmung, der hier gemeint war, ist das so schwer zu begreifen, hier gibt es genau zwei Ebenen von Zustimmung, du verwechselst die Zustimmung in ‘der inneren Klammer’ mit der Zustimmung in der aeussereren: {Zustimmung zur {Nicht-Zustimmung}}= {Nicht-Zustimmung}, der Reporter bezog sich nicht auf das in der aeusseren Klammer, sondern auf die aufgeloeste Klammer.

  22. Liebe Frau Seeliger,
    die Tagesschau zitiert sie wie folgt:
    Parteiratsmitglied Julia Seeliger sagte, wer gegen den Basis-Beschluss entscheide, werde vor der nächsten Bundestagswahl “nicht mehr aufgestellt.”

    Ist dieses Zitat korrekt wiedergegeben? Wenn ja, darf ich Sie um eine Lektüre des Grundgesetzes bitten. Da steht was davon, wessen Weisungen abgeordnete des Deutschen Bundestages untergeordnet sind, und wessen Weisungen nicht. Ich kann den Ärger der Grünen-Basis durchaus verstehen, aber fals sie das, was die Tagesschau ihnen in den Mund legt wirklich gesagt haben, gleicht dass nicht nur dem Heulen eines kleinen Kindes, dem man das Schäufelchen weggenommen hat, sondern steht auch noch im Konflikt zu unserer Verfassung.
    Denken Sie darüber bitte mal nach.

    MfG
    Martin

  23. Wenn der Beschluss der SBDK nicht 1:1 umgesetzt wird, weiss ich genau, dass es aus dem nördlichen Ruhrgebiet Stimmen geben wird, die eine erneute SBDK einfordern werden. Ich werde der Erste sein, der diesen Stimmen bei den Niederrheingrünen gehör verschafft.

  24. Liebe Julia,
    im Nachklang zur Sonder-BDK fand ich Deinen Beitrag einen von den gelungensten und informativsten und grenzt sich klar ab von den Polemiken manch anderer und deutlich hoher dotierter Rennpferde im grünen Stall.
    Besten Dank dafür,
    Sascha

  25. @Martin: Die MdBs können sind in ihre Entscheidung natürlich frei nach ihrem Gewissen treffen. Die Delegierten der Listenparteitage sind aber natürlich auch frei, einen Kandidaten nicht mehr aufzustellen, aus welchen Gründen auch immer, weil ihnen die Nase des Kandidaten nicht passt oder auch das Gewissen des Kandidaten. Ich sehe hier nichts Grundgesetzwidriges.

    Wenn im übrigen ein MdB eine Entscheidung als Gewissensentscheidung darstellt, dann sollte es ihm an dieser Stelle herzlich egal sein, ob er aufgrund dieser Entscheidung nicht wieder aufgestellt wird. Wenn es dem MdB wirklich um das Gewissen geht, ist alles andere untergeordnet. Von daher halte ist es für durchaus legitim, auch auf die möglichen Folgen solchen Handelns hinzuweisen.

    Laut SWR ist auch Reinhard Bütikofer dieser Ansicht:

    Das Gewissen fragt nicht nach einer Garantie für die Listenaufstellung.

  26. @Klaus:
    Da hast du natürlich vollkommen Recht, das ändert aber nichts daran, dass die Position von Frau Seeliger wie eine hilflose Drohung klingt.

  27. Im heute-journal von gestern (ich hoffe der Link funktioniert) ist Julia mit dem genannten Zitat vor der Kamera zu sehen. Vermutlich handelte sich einfach um eine etwas überspitzte Formulierung, mit der sie ausdrücken wollte, dass wenigstens sie selbst die betreffenden Abgeordneten nicht wieder wählen wird, und sie davon ausgeht, dass sie damit nicht alleine ist.

    Ich kann natürlich nicht für Julia sprechen, sie wird sich vielleicht später noch selbst dazu äußern. Ich finde es aber erfrischend, dass sie pointiert ihre Meinung kundtut und auf das übliche, weichgespülte Politiker-Blabla möglichst verzichtet.

  28. Eine Drohung? Sicherlich, aber nicht hilflos.
    Denn Gewissen hin oder her, eine Partei hat das Recht sich mittelfristig auf Abgeordnete zu einigen welche auch die Interessen der Partei einbringen. Auch dies ist im Sinne der bundesrepublikanischen Demokratie.
    Die Parteien tragen zur politischen Willensbildung… blablabla. Eine Partei deren Mandatsträger diese Aufgabe der Partei torpedieren trägt allerhöchstens zum Auswanderungswillen bei.
    Insofern ist es völlig korrekt wenn Julia darauf hinweist.
    Völlig egal ob es als Drohung oder sonstwas aufgefasst wird. Ich habe dies übrigens als Versprechen aufgefasst.

  29. Das steht sehr gut im Grundgesetz und nennt sich Parteiendemokratie. Die Parteien wählen ihre Kandidaten, und wenn denen (warum auch immer) die kandidaten nicht passen, werden sie nicht mehr gewählt. Dazu auch von mir: http://jens.familie-ferner.de/archives/209-Demokratie-ist,-wenn-andere-anders-denken.html

    “Da steht was von “ganzem Volk” nicht nur von Grünen. Und was von “Gewissen”, nicht von “Partei”. Ja, es ist hart wenn man in der Masse eine Ansicht hat und die von der eigenen partei gepushten Vertreter dann anders abstimmen, doch auch das ist Demokratie, diesmal Parlaments-Demokratie. Und wenn ein abgeordneter der Grünen der Meinung ist, nur sein Ding durchzuziehen, ist das seine Sache. Wenn er dies auch noch in dem Wissen tut, wahrscheinlich zur nächsten Wahl von der Partei nicht mehr aufgestellt zu werden, scheint hier das Gewissen höher zu stehen als andere Erwägungen – und das ist, anders als die Einstellung nur der Partei hinterherzulaufen, schützenswert.”

    Und eventuell wird ja auch der Abgeordnete, der jetz tRückgrat beweist und seine Position später vertritt, von der Partei entsprechend honoriert. Übrigens war ich nicht auf dem Kongress obwohl ich wollte (und was zu sagen gehabt hätte), denn das Frauenstatut stand meiner Person im Wege. Stattdessen ging eine Frau, die offen sagte nicht zu wollen und kein Interesse zu haben, doch das interessierte nicht, denn bevor man 2 (interessierte) Männer und eine Frau schickt, schickt man bei den Grünen lieber zwei Frauen (mitunter ohne interesse) und einen Mann.
    Sowas öffnet die Augen, auch für das Ergebnis des Parteitages. Wer weiss wie viele uninteressierte da aus welchen Gründen abgestimmt haben. Ich bin noch nicht lange dabei, und ich denke, ich bleibe es auch nicht.

  30. @Jens

    Delegierte müssen quotiert gewählt werden. Zum Parteitag fahren dürften laut Bundessatzung auch zwei Männer und eine Frau. So ist das.

    Aus frauenpolitischer Sicht vielleicht etwas bedenklich. Jedoch hättest Du – zusammen mit dem anderen Mann aus deinem Kreisverband und derjenigen Frau, die gerne fahren wollte, zum Parteitag fahren können.

  31. Ich hab mich dazu ja genauer in dem Artikel geäußert: Ich empfehle, diejenigen, die die Ernsthaftigheitkeit bei der Gewissensfrage offensichtlich vermissen lassen (und sich zB ignorant äußern), nicht mehr zu wählen. Das sollte in einer funktionierenden Demokratie doch so sein.

    Man sollte aber nicht nur mit der Listenaufstellung kommen, sondern auch seine Abgeordneten häufig in den Kreisverband einladen und mit ihnen über diejenigen Entscheidungen und Äußerungen diskutieren, die einen störten. Und man sollte versuchen, sich bei Diskussionen über die Politik der Grünen zu beteiligen – zB auf der BDK, oder in einem Blog, oder eben bei Diskussionen im Kreisverband.

  32. OK., dann werde ich wohl ein wenig Wasser in den Wein hier kippen müssen.

    Ich habe eine ernsthafte und abgewogene Diskussion außerordentlich vermißt, die einen Nutzen oder auch Schaden der Tornadoeinsätze argumentativ belegt hätte. Diese ist aber in Göttingen überhaupt nicht geleistet worden, platte, latent amerikafeindliche Behauptungen über die bösen Tornados haben zu diesem verheerenden Beschluß geführt, der eine realistische, pragmatische, an Umwelt und Menschenrechten orientierte grüne Politik um Jahre zurückwirft! Daß man damit die die Afghanen im Stich läßt, von der Außenwirkung her gesehen, ist überhaupt nicht in Betracht gezogen worden, eine solche unselige Erfahrung haben die Afghanen schon einmal gemacht und dies darf sich nicht wiederholen!

  33. Du erinnerst dich Thomas, ich war der der meinte: Thomas Fischer aus Berlin? Jetzt ahnst du sicher auch woher ich dich kenne – durch solche Äußerungen. Ich weiß nicht wo du im Zusammenhang mit der Tornadodebatte amerikafeindliche Äußerungen gehört haben willst.
    Dies war keine Schulung, dies war eine BDK. Bereits im Vorfeld waren mehr als genug Informationen zu den Tornados verfügbar. Gut, man muß sich mit dem Thema natürlich auch beschäftigen…

    Und bytheway, wo waren denn die Argumente für die Tornados? Welche wurden denn geäußert? Würdest Du diese bitte einmal aufzählen? Ich habe KEINS gehört, zumindest keines welches einer ernsthaften Prüfung standhält.

    Man kann es drehen und wenden wie man will: Das was derzeit als “Realo”-Position dargestellt wird hat mit Realpolitik nichts zu tun. Es hat aber ein realpolitischer Antrag gegen diese Position gewonnen. Das ist der eigentliche Spin dieses Wochenendes.

  34. @Thomas Fischer:

    Diese ist aber in Göttingen überhaupt nicht geleistet worden, platte, latent amerikafeindliche Behauptungen über die bösen Tornados haben zu diesem verheerenden Beschluß geführt, der eine
    realistische, pragmatische, an Umwelt und Menschenrechten orientierte grüne Politik um Jahre zurückwirft!
    Dann waren wir wohl auf unterschiedlichen SBDKen.

  35. @Thomas Fischer:

    Diese ist aber in Göttingen überhaupt nicht geleistet worden, platte, latent amerikafeindliche Behauptungen über die bösen Tornados haben zu diesem verheerenden Beschluß geführt, der eine
    realistische, pragmatische, an Umwelt und Menschenrechten orientierte grüne Politik um Jahre zurückwirft!

    Dann waren wir wohl auf unterschiedlichen SBDKen.

  36. […] Eine weitere Post-BDK Einschätzung findet sich übrigens natürlich auch bei Julia  […]

  37. @ Martin u. Interessierte:
    Nur ein kleiner verfassunsgrechtlicher Exkurs hinsichtlich der “Freiheit der Abgeordneten”:

    Es ist richtig, dass Art. 38 GG davon spricht, dass Abgeordnete “Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen” sind.
    Wie bei allen Artikeln unseres Grundgesetzes (und jeder anderen Verfassung) ist jedoch der Kontext zu beachten, in dem die Regelung steht. Der hier maßgebliche Kontext ist insbesondere Art. 21 GG, der in seinem ersten Absatz davon spricht, dass “[d]ie Parteien […] bei der politischen Willensbildung des Volkes mit[wirken]”.
    Daraus hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen – für Nichtjuristen vielleicht überraschend weitgehend – gefolgert, dass das Recht der Abgeordneten immer im Spannungsverhältnis zur Rolle der Fraktion bzw. der dahinter stehenden Partei zu sehen ist.
    Prägnant das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 4, 10 (14):

    “Die Parlamentsfraktionen sind notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens (vgl. BVerfGE 2, 143 [160, 167]). Mit der Anerkennung der Parteien in Art. 21 erkennt das Grundgesetz auch sie an. Über ihre Stellung und Aufgaben mögen in mancherlei Hinsicht Zweifel bestehen. Unzweifelhaft ist aber, daß sie den technischen Ablauf der Parlamentsarbeit in gewissem Grade zu steuern und damit zu erleichtern haben. Die Wahrnehmung einer Aufgabe durch die Fraktionen schließt naturgemäß eine gewisse Bindung des einzelnen Abgeordneten an seine Fraktion, eine Beschränkung seiner Freiheit ein. Geht diese Bindung oder Mediatisierung nicht über das hinaus, was zur Sicherung des Ablaufs der Parlamentsarbeit geboten ist, so liegt sie im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen, vorausgesetzt, daß die notwendige Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortlichkeit des einzelnen Abgeordneten erhalten bleibt.”

    Art. 38 GG gilt also nicht absolut – und gerade das “Androhen” von politischen Konsequenzen (wie z.B. einber Ausbleibenden Wiederwahl) werden ganz allgemein für zulässig gehalten im Rahmen der sog. “Fraktionsdisziplin”.

    Also: Ein bisschen bedächtiger, bevor der große Knüppel “grundgesetzwidrig!” rausgeholt wird.

    Eine andere Frage ist natürlich die, wie man eine solche Aussage (wie die von Julia) politisch beurteilt. Ich stimme da aber ihrer oben wiedergegebenen differenzierten Haltung zum Thema “Gewissensentscheidung” voll und ganz zu.

  38. sorry, der Link zum oben zitierten Urteil stimmt nicht. Hier der richtige Link.

  39. Thorsten, Tausend Dank,

    bevor ich zur Fraktionssitzung ging, hatte ich noch kurz zu dem Thema recherchiert. Ich hatte mir gedacht: “Das kann doch jetzt nicht so ein Absolut-Freibrief, ein Joker für alles mögliche sein, die ‘Gewissensentscheidung’, da muss es doch Urteile zu geben …”

    Danke fürs Zusammenstellen, ich versuch dazu heute oder morgen eine kleine Replik in meinem Blog zu verfassen!

  40. Der Satz, den ich heute zu diesem Thema in der Sitzung der Bundestagsfraktion gesagt habe:

    “Das, was ich gesagt hab, war keine Bedrohung und ich respektiere jede Gewissensentscheidung; jedoch erwarte ich auch, dass dem Parteitagsergebnis Respekt entgegen gebracht wird – das sah am Abend nach der BDK nicht so aus, ich freue mich, dass die Situation inzwischen entschärft wurde: Das heute von der Fraktionsspitze vorgestellte Verfahren für die anliegende ISAF-Abstimmung finde ich okay, für mich ist der Vorgang damit erledigt.”

  41. […] hatte mich dazu in einem vorhergehenden Beitrag schon mal geäußert: Kritisiert von dieser Seite wurde auch die angeblich so aufgeheizte Stimmung, beispielsweise bei […]

  42. @ Dennis

    Lieber Dennis, danke für Deine “Aufklärung” (in mehrfacher Hinsicht – z.B. woher wir uns kennen könnten.)

    Ich sprach von “latent” amerikafeindlich, natürlich ist dies nie direkt ausgesprochen worden. Aber in meiner persönlichen Wertung gab und gibt es eine merkwürdige Tendenz zur Schwarz-Weiß-Malerei, die dazu führt, daß mit OEF alles Schlechte, Böse, Menschenrechtswidrige usw. verbunden wird und umgekehrt. Das ist ja gerade das Dilemma, daß unsereiner als Normal-Zeitungsleser immer nur auf womöglich ziemlich gefärbte Informationen aus 2. oder 3. Hand angewiesen ist.

    Hier wird ja mehrfach behauptet, daß Dani Cohn-Bendit wegen seiner agressiven Rede ausgebuht worden wäre, auch da widerspreche ich (auch wenn der Ton die Musik macht…), er hat sich ganz klar für Tornados ausgesprochen, die Mehrheit sieht das ganz klar anders und was eben nicht in den eigenen Kram paßt, wird von den Rängen niedergebrüllt. Aber nochmals zur Hauptsache: Es gab keine sachliche Diskussion des Für’s und Wider’s des Tornadoeinsatzes. Es stimmt ja, es wurden keinerlei Argumente geäußert. Ich weiß aus dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages, daß Bilder der Aufklärung auch von NGO’s für ihre Einsatzzwecke verwendet würden. Daß der Aufenthaltsort des vermißten Ingenieurs auf diese Weise bestimmt werden konnte. Glauben wir das? Keine Ahnung, aber dies wären z.B. Argumente gewesen, über die man trefflich hätte streiten können. Die Leute aber, die “näher dran sind”, wie z.B. Rangin Spanta oder Tom Koenigs, wurden nicht eingeladen oder die Kosten von 20.000 EUR für eine Standleitung nach New York zu Tom Koenigs seien nicht vertretbar gewesen. Schade drum. Daß Herr Spanta, unser letzter verbliebener grüner Außenminister nun über seinen Austritt nachdenkt, wird Dir bekannt sein.

    “Dies war keine Schulung, dies war eine BDK. Bereits im Vorfeld waren mehr als genug Informationen zu den Tornados verfügbar. Gut, man muß sich mit dem Thema natürlich auch beschäftigen…”

    Etwas grob, Dennis, aber keine Sorge, hab ich gemacht über die ganzen letzten Monate und in unserem KV hab ich das auch vor unserer MVV zur Wahl der Delegierten referiert, das Meinungsbild bei uns ist übrigens genauso gespalten, wie es im Großen auf der BDK zum Ausdruck gekommen ist. (Ich hab mich leider vergeblich bemüht, Winni Nachtweih zu dieser Sitzung einzuladen…)

    So, und zum Schluß vorerst, wie dieser Spin “draußen” ankommt, ist ja allzu bekannt, wenn aber alles nicht so gemeint ist und die Leute nur mal die Beschlußlage richtig zur Kenntnis nehmen sollten, dann, tja, warum rudern jetzt eigentlich alle zurück? Parteivorstand und Fraktionsführung, auch Julia Seeliger will nun nicht mehr alle Abweichler rausschmeißen…

    Ich fürchte, diese Sonder-BDK wird uns noch ne Weile beschäftigen.

  43. Hi,

    ich ruder nicht zurück. Schau dir einfach mal mein Statement im ZDF an, dann siehst du, wie ichs gesagt hab.

    Meine Kritik ist dahingehend, dass der BDK-Beschluss im Nachgang der BDK verfälschend, und dies möglicherweise bewusst, dargestellt wurde. Das ist nicht ernsthaft bzw der Erntshaftigkeit des Themas nicht angemessen.

    Natürlich akzeptiere ich jede Gewissensentscheidung. Das ist auch nicht nachprüfbar, das muss jede und jeder Abgeordnete mit sich selbst abmachen und zwar ernsthaft. Und das verlange ich.

    Mit dem gestern in der Fraktionssitzung vorgelegten Verfahren kann ich leben.

  44. Hallo Thomas, was den Spin angeht erlaube ich mir den Hinweis auf die ersten aktuellen Umfragen (N24) oder empfehle einen Streifzug durch die Onlineforen diverser Tageszeitungen.
    Draußen – Das sind die Medien und wie die berichten wissen wir alle
    Aber mal so richtig draußen – das ist die Öffentlichkeit und da zeigt sich: Die Medien schreiben gegen den Trend. Ich bin gespannt auf die nächste Sonntagsfrage. Sehr gespannt.

  45. Hi Dennis,

    wegen der nächsten Sonntagsfrage können wir ja wetten, wohin diese tendieren wird.

    Aber wie wir alle wissen, gibt es ja manchmal kuriose Effekte, so nach dem Motto: 2mal negativ gibt plus, odaso. Ein falscher Beschluß, der vom geneigten Publikum falsch verstanden oder interpretiert wird und das macht dann einen stattlichen Zuwachs. Na, schaun’ mer mal.

  46. Ich wäre bezüglich der Sonntagsfrage auch skeptisch, da meines Wissens rund 70 Prozent der Grünen-WählerInnen den Afghanistaneinsatz unterstützen – größter Anteil in einer WählerInnengruppe überhaupt, wenn man die einzelnen Parteien vergleicht.

    Wenn diese Leute von den Grünen enttäuscht wären und sie nach “Göttingen” nicht mehr wählen möchten, würde das aber nicht am Beschluss, sondern an den Äußerungen Einzelner in der Presse liegen.

  47. Gut möglich.

    Aber auch in den eigenen grünen Kreisen geht es manchmal kunterbunt durcheinander, was OEF und ISAF betrifft. Und überall drüber dann die Tornados.

    Gleichwohl hoffe ich natürlich, daß neben der Tornadofrage, die so vehement in den Fokus gerückt ist, die eigentliche Aussage “draußen” Anklang findet, daß nämlich ISAF nur bei einem Strategiewechsel befürwortet werden kann. Insofern können sie uns dann ja doch wieder wählen.

  48. Wobei anzumerken ist dass in der ersten (unzureichenden) Emnidumfrage (beauftragt von N24) 74% aller grünen Wähler eine Umsetzung der BDK Beschlüsse einforden. Ablehnung sieht anders aus.
    Wie gesagt, wir werden sehen. Ich könnte auch gar nicht wetten Thomas, ich habe nämlich keine Ahnung.
    Ich halte die BDK auch erst einmal für innerparteilich wichtig. Ob sich das auch anderweitig auszahlt wird man sehen.

  49. die Äußerung “Die werden dann nicht mehr aufgestellt.” war das bescheuerste und mir als Grünem unangenehmsten von vielem Unsinn, der nach dem Parteitag gesagt wurde…

    Ihr redet ständig von Basisdemokratie und wollt nach einem Abstimmungssieg dann die Diktatur der Mehrheit!!! (was ist eigentlich mit dem 1/3, die für den Dany-Antrag gestimmt haben?)

  50. @DAH

    Naja, findest du das wirklich so richtig, was du da geschrieben hast?

    Und drüber hinaus: Hast du das Zitat im Gesamten gesehen? Wenn Du den Parteitagsbeschluss liest, fandest du meine Bemerkung dann wirklich “am bescheuertsten”? Hab mich dazu übrigens auch mal in der Fraktion “erklärt”.

    “Das, was ich gesagt hab, war keine Bedrohung und ich respektiere jede Gewissensentscheidung; jedoch erwarte ich auch, dass dem Parteitagsergebnis Respekt entgegen gebracht wird – das sah am Abend nach der BDK nicht so aus, ich freue mich, dass die Situation inzwischen entschärft wurde: Das heute von der Fraktionsspitze vorgestellte Verfahren für die anliegende ISAF-Abstimmung finde ich okay, für mich ist der Vorgang damit erledigt.”